Was ist Osteopathie?
Die Osteopathie ist eine manuelle (mit den Händen arbeitende) Behandlungsmethode, bei der das Erkennen und Behandeln von Funktionsstörungen im Mittelpunkt steht. Ziel der Behandlung ist es, das Individuum in seiner Ganzheit zu erfassen und zu respektieren und durch die manuelle Beseitigung von Bewegungseinschränkungen und Blockaden in den verschiedenen Geweben (Knochen, Muskeln, Faszien und Bindegewebe, inneren Organen, Blut- und Lymphgefäßen, Nervenein Gleichgewicht zu schaffen und somit die Selbstregulationskräfte, die jedem Menschen innewohnen, zu aktivieren. Sie basiert auf der genauen Kenntnis der Anatomie, Physiologie, Biomechanik, Pathologie und der Embryologie.
Das Gesamtkonzept der Osteopathie setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen:
Parietaler Bereich
Bewegungsapparat
- Knochen, Gelenke, Bänder, Kapseln
- Muskeln und Bindegewebe
- Biomechanisches Zusammenspiel des Körpers
Visceraler Bereich
Innere Organe
- Normalisierung der Organbeweglichkeit und der Beziehung der Organe zueinander
- Verbesserung der zu- und abfließenden Leitungsbahnen (Arterien, Venen, Lymphgefäße,Nerven) und somit der Versorgung des entsprechenden Organs
Kraniosacraler Bereich
Schädel- und Nervensystem
- Normalisierung der Mobilität der Schädelknochen und des Kreuzbeins
- Verbesserung der Zirkulation von Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit Entspannung der Hirnhäute
- Verbesserung der Mobilität und Funktion des Nervensystems
Die Kunst ist es, alle Teile miteinander zu verknüpfen, Wechselwirkungen zu erkennen und die Systeme wieder in ein harmonisches Zusammenspiel zu bringen.
Geschichte
Der Begründer der Osteopathie ist der Amerikaner Andrew Taylor Still (1828–1917). Sein Leben war geprägt von mehreren persönlichen harten Schicksalsschlägen. So starben 3 seiner Kinder an einer tödlichen Meningitisepidemie, ein viertes wenig später trotz Konsultation der besten Ärzte der Umgebung an einer Lungenentzündung. Auf der Suche nach alternativen Heilmethoden verkündigte er nach vielen harten Lehrjahren am 22. Juni 1874 die Osteopathie. Der Name setzt sich zusammen aus den Worten Osteon, das bedeutet Knochen, und Pathos, was Leiden oder Leidenschaft bedeutet.
1892 gründete er die „American School of Osteopathy“ in Kirksville (USA), um das Wissen, das er über die Jahre erworben hatte, weiterzugeben. Wichtig war ihm, keine Techniken, sondern Prinzipien zu vermitteln.
Einer seiner Schüler war Dr. John Martin Littlejohn, der dieses Wissen mit der Gründung der „British School of Osteopathy“ in London 1917 nach Europa brachte.
Die Entwicklung der Osteopathie verlief in Amerika und Europa sehr unterschiedlich. In Amerika ist der Osteopath gleichsam Arzt und entscheidet, ob er manuell interveniert, chirurgische Eingriffe vornimmt oder Medikamente verordnet. In Europa ist der Beruf des Osteopathen nur in wenigen Ländern als eigenständig anerkannt. Deutschland zählt leider noch nicht dazu.
Philosophie
Die Osteopathie betrachtet den Menschen als eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Ziel der Behandlung ist es, die Balance des Körpers und somit seine Selbstregulationskräfte wiederherzustellen.
Die Philosophie der Osteopathie stützt sich auf folgende Prinzipien:
Struktur und Funktion beeinflussen sich
Die Osteopathie unterscheidet zwischen Körperstrukturen (z.B. Knochen, Muskeln, Organen etc.) und Körperfunktionen (Durchblutung, Atmung, Verdauung…). Diese beiden beeinflussen sich gegenseitig und müssen daher immer gemeinsam betrachtet werden. So kann eine Veränderung der Funktion (z. B. durch Fehlbelastung) die Struktur verändern (z. B. Kalkeinlagerungen bilden), während eine Veränderung der Körperstrukturen, z. B. durch einen Unfall, die Funktion beeinträchtigt.
Der Körper verfügt über Selbstregulationskräfte
Der Körper besitzt die natürliche Eigenschaft, sich selbst zu regulieren und gesund zu erhalten. Gelingt es dem Körper nicht, ist er in der Lage zu kompensieren, um immer noch so gut wie möglich zu funktionieren. Das bedeutet dann eine Mehrbelastung anderer Gewebestrukturen. Ist der Körper durch zu starke Belastungen nicht mehr in der Lage zu kompensieren, kommt es zu Symptomen wie zum Beispiel Schmerzen und/oder Bewegungseinschränkungen. Die Aufgabe des osteopathisch arbeitenden Therapeuten ist es dann, die Selbstregulationskräfte des Körpers im Rahmen des Möglichen zu aktivieren, dass er wieder so gut wie möglich funktionieren kann.
Der Körper ist eine untrennbare Einheit
Der Mensch ist eine untrennbare Einheit aus Körper, Geist und Seele. Alles steht in einer wechselseitigen Beziehung zueinander. So kann zum Beispiel eine schmerzende Schulter durch andauernden psychischen Stress ausgelöst werden.
Die Durchblutung ist das Wichtigste
Die Durchblutung muss gewährleistet sein, damit alle Organe und Strukturen bestmöglich funktionieren können. Wird die Zirkulation behindert, kommt es zu einer Minderdurchblutung und somit zu einer Funktionsbeeinträchtigung des Organs oder der zu versorgenden Struktur.
Der Patient, nicht die Krankheit
Der Therapeut betrachtet den ganzen Menschen und bezieht auch dessen Geschichte und seine Lebensumstände mit in die Behandlung ein.
Grenzen
Schwere und akute Krankheiten (Schlaganfall, Herzinfarkt, schwere Infektionen, Krebs, Frakturen, Wunden) gehören primär nicht zum Arbeitsbereich der Osteopathie, sondern in eine schulmedizinische Behandlung.
Die Grenzen der Osteopathie liegen auch dort, wo Beschwerden nicht organisch bedingt sind. Seelische Erkrankungen und psychische Probleme gehören nicht primär in osteopathische Behandlung, obwohl sich der sanfte Hautkontakt psychisch durchaus positiv auswirken kann und somit begleitend zu einer psychologischen Therapie angewendet werden kann.
Die Osteopathie kann keine irreparablen Organ- oder Gelenkschäden (Arthrose) beseitigen, vermag aber möglicherweise deren Auswirkung auf andere Bereiche des Körpers zu mindern.
Links
Verband Osteopathieschule Deutschland VOSD
Verband der Osteopathen Deutschland
Bundesverband Osteopathie e.V.
Bundesarbeitsgemeinschaft für Osteopathie